kleine Fluchten aus dem Alltag...

Leine


Die beste Ehefrau und ich wollen mal wieder für kurze Zeit dem manchmal etwas tristen Alltag entfliehen und planen deshalb eine kleine Kanutour im heimatlichen Niedersachsen. Unsere Wahl fällt auf die Leine, diesen Fluss sind wir bisher noch nicht gepaddelt. Also suche ich via Google Maps und der Canua-App ein für uns passendes Teilstück heraus, welches wir an dem folgenden Wochenende umrühren können. Am Tag der Tage ist der Kanadier flugs auf dem Dach vom Landrover gefesselt und so starten wir am Freitag nach Himmelfahrt unsere Fahrt mit Ziel Hannover. Auf dem Weg dorthin lassen wir ein Fahrzeug am Zielort in Neustadt am Rübenberge stehen und fahren weiter zum angedachten Startpunkt. Die von mir bei Google Maps herausgesuchte Einsetzstelle in Hannover/Letter stellt sich bei näherer Betrachtung vor Ort aufgrund der steilen, hohen Böschung und des dichten Bewuchses als ungeeignet heraus. So schauen wir an anderen Stellen in der Nähe nach einer passenden Einsetzstelle. Neben einem Kleingartengebiet, nahe des Westschnellweges, finden wir ein für uns geeignetes Plätzchen. Dazu muss allerdings das Boot und das Gepäck über ein Gatter und die dahinter folgende Weide zum Fluss getragen werden. Als das erledigt ist, folgt erst Mal eine kleine Stärkung, bevor das Boot zu Wasser gelassen wird.

   Vorsichtshalber haben wir deutlich mehr Kalorien eingepackt, als wir durch das paddeln auf dieser Tour verbrennen können ;-)


Das Wetter ist hervorragend mit leichter Tendenz zur Hitze. Wir lassen das Boot zu Wasser und verstauen das wasserdicht verpackte Gepäck gleichmäßig, um eine möglichst gute Trimmung des Kanadiers hinzubekommen. Dabei achte ich natürlich peinlichst darauf, dass ich später von meinem Platz aus
bequem an die Leckerlis herankomme, ohne das meine Frontpaddlerin davon etwas mitbekommt ;-)

Als die Ausrüstung zufriedenstellend verstaut ist, entern wir den Kanadier und legen ab. Die Strömung hilft ein bisschen mit und so kommen wir gut voran. Vorbei an ein paar weiteren Kuhweiden wird der Uferbewuchs bald dichter und das Ufer auch höher. Von der nahen Stadt bekommt man nur sehr wenig mit, man wähnt sich in viel einsamerer Gegend als es tatsächlich der Fall ist. Ab und an liegen umgestürzte Bäume im Fluss und auch allerhand Totholz liegt am Ufer. Aber es ist immer reichlich Platz vorhanden, um daran vorbei zu paddeln. An den ufernahen Büschen und Bäumen kann man gut ablesen wie hoch das Wasser auf der Leine bei starken Regen steigen kann. Der dichte Bewuchs macht es schwer, für eine Pause mal kurz ans Ufer zu gehen, auf der anderen Seite spenden die Büsche dafür aber gut Schatten vor der nun schon ganz schön brennenden Sonne.


Nach ein paar Kilometern und 2 kleineren, gut fahrbaren, Schwällen passieren wir den Stadtteil Seelze und gelangen zum Mittellandkanal, welchen wir unterqueren. Ich finde es cool, mit dem Kanu unter einer Schifffahrtsstrasse hindurch zu paddeln. Das kannte ich bisher nur von der Ilmenau und dem Elbe Seitenkanal.


In zahlreichen Kurven schlängelt sich der Fluss weiter durch die Landschaft, bis sich schon aus der Ferne die Autobahn A2 durch ihre Lautstärke ankündigt. Wir sind froh als wir die Autobahn hinter uns lassen und der Gegenwind die Geräusche schnell wieder leiser werden lässt.


Vorbei an dem Ort Ricklingen kommen wir in einsamere Gegend, wo wir uns eigentlich ein Camp für die Nacht suchen wollen. Das steile Ufer mit dem dichten Bewuchs macht es uns aber nicht leicht. So finden wir erst einige Kilometer weiter Flussabwärts einen kleinen Anleger, welcher ansonsten wohl von Anglern genutzt wird. Die Weide hinter dem Anleger ist nicht bewirtschaftet und gibt so ein guten Übernachtungsplatz.


Wir vertäuen den Kanadier und laden unser Ausrüstung aus, bevor wir das Boot an Land ziehen. Das Zelt ist schnell aufgebaut und die selbst aufblasenden Isomatten können ausgerollt werden. Schlafsäcke drauf und fertig ist das Nachtlager. Da ich nicht wusste wie es unterwegs aussieht, habe ich für den kleinen, faltbaren Hobo vorsorglich ein paar Brickets eingepackt. So brauche ich nicht erst nach Feuerholz suchen und kann nun schnell etwas Wasser für einen Kaffee heiß machen. Der Hobo ist gerade groß genug, um anschließend noch ein paar Würste, die vorher in der Mitte geteilt wurden, darauf zu grillen. So ne olle Wurst mit einem Stück Brot auf die Faust ist mir, wenn ich draußen vorm Zelt sitzen und aufs Wasser schauen kann, lieber als ein ein 5 Gänge Menü im Restaurant. Und so bleibt nach kurzer Zeit auch nichts übrig als ein paar fettige Finger und ein paar Brotkrümel im Gras.

  

Die Temperaturen sind auch am Abend noch sehr mild und so sitzen wir noch lange auf dem kleinen Anleger und genießen die Ruhe und die schöne Landschaft.

  

Am nächsten Morgen ruft in aller Herrgottsfrühe ein Kuckuck lautstark nach – äh – was weiß ich wonach so ein Vieh brüllt…

Auf jeden Fall ist der Krach im Zusammenspiel mit meiner Blase überzeugend genug, mich aus dem Schlafsack zu quälen und nach draußen zu begeben. Dort erwartet mich eine zauberhafte, nebelige Landschaft. (ok, mit einem nervenden Kuckuck darin…)

So hole ich noch schnell den Fotoknipsdingens aus dem Zelt und verpixel die Landschaft erbarmungslos auf die Speicherkarte.


Anschließend krieche ich noch für ein, zwei (ok, es waren wohl eher 3) Stunden wieder in den mauscheligen Schlafsack. Dann treibt uns jedoch die nun schon sehr kräftige Sonne aus dem Zelt. Wir sitzen gemütlich vor dem Tipi in der Sonne und bereiten uns ein leckeres Frühstück. Wir haben geräucherte Salami mit, die ohne Kühlung auskommt. Die schneiden wir in dicke Scheiben (ihr wisst schon, wenn die Wurst so dick ist wie das Brot, kann das Brot so dick sein wie es will…) und essen sie mit mit Genuss. Nach dem Frühstück bauen wir in Ruhe das Zelt ab und verpacken die Ausrüstung wieder in den wasserdichten Säcken. Anschließend starten wir zu unserem zweiten Teilstück auf der Leine.


  

Nach ein paar Kilometern treffen wir das erste und einzige Mal während der Tour auf andere Paddler. Zwei Kanadier liegen am Ufer und die eigentlichen Insassen sitzen nun als Outsassen in ihren Campingstühlen festgechillt unweit ihrer Boote. Einen guten Platz hatten sie da für die Nacht gefunden. Das Ufer ist hier wie eine kleine Badebucht mit Sandstrand.


Auf unserer Weiterfahrt sehen wir noch zahlreiche Wasservögel und Bisamratten am und auf dem Fluss. Es ist wieder sehr warm heute, so dass wir, wenn möglich, Ufernah im Schatten paddeln.


Für uns ist es nun nicht mehr weit. Vor uns taucht das Wehr von Neustadt am Rübenberge auf, wo unsere Tour nach insgesamt ca. 35 Kilometern endet. Wir biegen links in die kleine Leine ein und erreichen nach ein paar hundert Meter den Neustädter Hafen. Auf der Anreise hatten wir ja den Landy hier in der Nähe auf einem Parklatz abgestellt. Der Auddowagen steht noch genau so auf dem Parkplatz, wie ich ihn zurückgelassen habe. Bei meiner Ankunft sind mir die schrägen weißen Streifen unter dem Landy gar nicht aufgefallen. Wer die da wohl so schief hingemalt hat, dass die auf beiden Seiten unterm Auto hervorschauen?
Es gibt aber auch wirklich unfähige Leute denke ich noch, bevor ich beherzt aus der Parklücke presche.



Wir verladen das Boot sowie das Gepäck und machen uns wieder auf den Heimweg. Das war ein Ausflug ganz nach meinem Geschmack.