Schweden 2015
Pleiten, Pech & Schären
Da stehen wir nun. Anstatt uns gemütlich Travemünde anzusehen, wo
morgen
Früh unsere Fähre nach Trelleborg in Schweden ablegen soll, stehen wir
auf dem Hof eines Abschleppunternehmens und warten auf den Transport,
der uns und unseren Landy wieder nach Hause bringen soll.
Anfangs lief noch alles nach Plan. Wir wollten schon am Abend nach
Travemünde anreisen, um am anderen Morgen entspannt, vom nahe gelegenen
Wohnmobilstellplatz aus, auf die bereits gebuchte Fähre zu fahren.
Aber es sollte nicht sein. Schon in Hamburg zwang uns der Landy
zu einem unfreiwilligen Halt. Der Motor wollte nicht mehr. Die
Dieselpumpe gurrte lauthals vor sich hin, brachte scheinbar aber nicht
genügend Sprit nach vorne zu den Pumpe-Düse-Elementen. Da ich den
Kraftstofffilter gerade erneuert hatte, schloss ich ihn als
Fehlerquelle erst einmal aus. Hinter einer Waschhalle, zwischen den
Staubsaugern, konnten wir die Aufsetzkabine absetzen und die
unmotivierte Dieselpumpe ausbauen. Glücklicherweise hatte ich schon vor
längerer Zeit eine Serviceklappe in die Ladefläche montiert, so dass
wir
die Pumpe problemlos ausbauen konnten, ohne den Tank absenken zu müssen.
Nach dem lösen des Überwurfringes der Pumpeneinheit, sprang mir Selbige
schon förmlich entgegen, so als wäre es ihr nach den gurrenden
Geräuschen unheimlich geworden, in dem dunklen, übelst nach Diesel
riechenden Loch. Optisch war kein Mangel an der Pumpe oder den Sieben
zu erkennen. Also habe ich die Pumpe nach einem eindringlichen Appell
an ihre Arbeitsmoral wieder zurück an ihren Arbeitsplatz gezwungen, das
Kraftstoffsystem entlüftet und auf wundersame Selbstheilung gehofft.
Diese setzte auch wunschgemäß ein und der Landy sprang tatsächlich
wieder an. Flugs die Absetzkabine wieder aufgesetzt und weiter ging die
rasante Fahrt durch die norddeutsche Tiefebene. Allerdings kamen wir
nicht allzu weit. Etwa 40 Kilometer vor Lübeck war dann endgültig
Schluss. Der Motor ging aus, die Pumpe sagte keinen Ton mehr. Der
Appell hatte wohl keine lang anhaltende Wirkung gehabt und für eine
Abmahnung der Pumpe war es nun eh zu spät, ich sah keine Chance mehr
auf eine vertrauensvolle Zusammenarbeit in der Zukunft. Ich tauschte
also die Wunderheilung gegen die Warnblinkanlage und so standen wir nun
vor der Ampelkreuzung und hinter uns hupten einige der netten deutschen
Landsleute. Ein ganz hilfsbereiter, leider jedoch erkenntnisresistenter
Autofahrer, klärte mich darüber auf,
dass wir hier nicht stehen bleiben können, da er ja so nicht
weiterkommt
und dass er jetzt die Polizei ruft. ;-)
Dort wo wir standen ging es leicht bergauf, so dass Susi und ich
alleine es nicht schafften, den reisefertigen und somit nicht gerade
leichten Landy aus dem Kreuzungsbereich zu schieben. Da Hupen lange
nicht so anstrengend ist wie schieben helfen, waren wir gezwungen
unsere Stellung zu halten bis der bereits informierte ADAC eintrifft.
Ein Streifenwagen kam nach einiger Zeit angefahren und die nette
Besatzung half uns den Landy auf eine Verkehrsinsel zu schieben.
Während dieser Aktion ist merkwürdiger Weise auch das Hupen gänzlich
verstummt...
Der herbeigerufene gelbe Engel hat uns dann abgeschleppt und so
stehen wir nun also auf dem Hof des Abschleppunternehmers und warten
auf den weiteren Heimtransport, welchen ein anderer ADAC Partner
bewerkstelligen soll.
Als dieser eintrifft, ist der Landy schnell verladen und wir treten
Huckepack den Heimweg an, da der Fahrer sich standhaft weigert mit uns
hintendrauf eine kleine Schwedenrunde zu drehen ;-)
Hier erstmal ein große Lob an den ADAC, ohne den unser Urlaub an
dieser Stelle wohl beendet gewesen wäre. So bekomme ich die Chance den
Landy wieder fahrbereit zu machen und den Urlaub doch noch anzutreten.
Am folgenden Tag besorge ich beim Landyhöker in der Nähe eine
neue Dieselpumpe und baue sie ein, nachdem ich die Aufsetzkabine wieder
abgesetzt habe. Der Motor springt problemlos an und auch eine erste
Probefahrt verläuft zunächst viel versprechend. Nach der Probefahrt
tanke ich den Wagen wieder voll, damit wir einen zweiten Anlauf in den
Urlaub machen können. Als ich nach dem bezahlen wieder losfahren will,
springt der Landy erst nach mehreren Versuchen an und die neue Pumpe
macht durch unangenehme Geräusche darauf aufmerksam, dass ihr
irgendetwas an ihrem Arbeitsumfeld nicht so recht passt. Vermutlich
sind die Kupferdichtungen der Pumpe-Düse-Elemente verschlissen und
somit gelangt Luft ins Kraftstoffsystem. Das würde der neuen Pumpe über
kurz oder lang wieder der Garaus machen. Es ist Samstagnachmittag,
Ersatzteile bekomme ich jetzt am Wochenende keine mehr. So bleibt uns
nichts anderes übrig, als die Absetzkabine schon mal wieder aufzusetzen
und ansonsten das restliche Wochenende abzuwarten. Es kann aber auch
sein das ich die Absetzkabine abgesetzt habe und später dann die
Aufsetzkabine wieder aufgesetzt wurde. So genau weiß ich das nicht
mehr, die sehen ja alle gleich aus ;-)
Am Montagmorgen besorge ich die benötigten Dichtungen, baue die
Einspritzdüsen aus und dichte sie neu ab.
Nach dem Zusammenbau und Entlüften springt der Motor sofort an. Auch
die Pumpe läuft nun geräuschlos. Am späten Nachmittag starten wir
erneut die Fahrt gen Norden.
Diesmal wählen wir die Vogelfluglinie, also den Weg über
Fehmarn. So brauchen wir keine Fähre buchen und verlieren keine weitere
Zeit mehr. Die Fähren von Puttgarden nach Röbgy pendeln stündlich und
so gelangen wir noch am selben Abend nach Dänemark und verbringen
unsere erste Nacht am Ostseestrand.
Am nächsten Morgen fahren wir über die Öresundbrücke von Kopenhagen
nach Malmö. Ich möchte mir den Turning Torso ansehen, das verdrehte
Hochhaus. Ich habe das neue Wahrzeichen Malmös zuvor lediglich einmal
während der Bauphase gesehen. Das vom spanischen Architekten Calatrava
erbaute Hochhaus ist mit 190m Höhe das höchste Gebäude Skandinaviens.
Der Wolkenkratzer steht im westlichen Hafengebiet, inmitten eines
modernen, neuen Wohnviertels. Das 2005 fertig gestellte Gebäude ist in
sich um 90° verdreht, wodurch sich auch der Name erklärt.
Und jetzt erklär ich euch mal, wie das seinerzeit abgelaufen ist: Da
hat irgend so`n Praktikant den Bauplan in die Hände bekommen. Und um
zum Bierholen beide Hände frei zu haben, hat er den Plan kurzerhand in
die Hosentasche gestopft. Dann haben die halt mit der zerknüllten
Zeichnung weitergemacht, ohne die wenigstens mal glatt zu streichen...
Da drängt sich doch der Verdacht auf, dass es zum Bier noch den einen
oder anderen Kurzen dazu gab ;-)
In Landskrona machen wir einen kurzen Abstecher zur Zitadelle. Die
ehemals dänische Festung aus dem 16. Jahrhundert war die flächenmäßig
Größte ihrer Zeit in Skandinavien. Während sich die wilden Nordmänner
im schonischen Krieg mit ihren rostigen Streitäxten gegenseitig unter
lautem Gebrüll neue Frisuren verpassten, wechselte die Zitadelle
mehrfach den Besitzer. Nach dem Frieden von Roskilde 1658 wurde Schonen
schwedisch und die Zitadelle wurde von den jetzigen Besitzern zur
modernsten Festung Schwedens ausgebaut. Der Rundturm wurde noch bis
1940 als Gefängnis genutzt.
Nachdem ein Angelverbot für den Burggraben ausgesprochen wurde, verlor
das Militär schlagartig jegliches Interesse an der Immobilie. So kann
die Zitadelle heute von Touristen besichtigt werden, solange sie nicht
angeln...
Wir folgen der Westküste nordwärts. Kleine Fischerhäfen laden
immer wieder zu Pausen ein und einige davon eignen sich auch prima zum
übernachten, da sie über Wohnmobilstellplätze verfügen. Abends im Hafen
sitzen, den Bauch vollgeschlagen mit Leckerem vom Grill und zusehen wie
die Fischkutter in den späten Sonnenuntergang
auslaufen, das ist ganz nach unserem Geschmack.
Wie wir da so am Hafen sitzen und
entspannen, drehe ich mich um. Durch die Fenster der
Wohnmobile hinter uns sieht man vereinzelt bleiche Gesichter,
angestrahlt vom kalt schimmernden Blau des LED-Fernsehers, in dem
vermutlich gerade VOX-Tours läuft. Fein, so haben wir den hafen
praktisch für uns allein ;-)
So gelangen wir ein paar Tage später nach Göteborg. Nach einem
kurzen Bummel durch den Hafen zieht es uns jedoch weiter auf die
Schären, welche etwas weiter nördlich beginnen. Mehrere Brücken
verbinden die ersten kleinen Inseln etwas oberhalb von Göteborg.
Vereinzelnd stehen rote und gelbe Holzhäuser an den Ufern und es liegen
Boote an kleinen Anlegern. Schweden wie aus dem Bilderbuch...
Reges Treiben herrscht in Marstrand auf der Insel
Marstrandsö. Die Stadt, die bis Mitte des 17. Jahrhundert noch zu
Norwegen gehörte, ist heute einer der wichtigsten Badeorte in Schweden
und scheint fast nur aus aneinander gereihten Yachthäfen zu bestehen.
Dicht an dicht liegen die Hymer zur See beieinander und glänzen um die
Wette während sie auf den vom Wind aufgepeitschten Wellen schaukeln.
Der Ort quillt fast über
vor Touristen, die Restaurants sind rappelvoll. Es ist Wochenende und
das im Zusammenspiel mit den Ferien hat bei dem schönen Wetter viele
Leute an die Küste gelockt. Aber nur ein wenig vom geschäftigen Ort
entfernt, finden sich in den zerklüfteten Felsen der Insel kleine
Fischerhütten. Da sie zu Fuß nur über kleine Trampelpfade zu erreichen
sind, bleiben sie vom Touristenstrom verschont.
Bei Stenungsund verbindet eine große Brücke die Insel Tjörn mit
dem Festland. Ganz im Nordwesten der Insel liegt, gegenüber der kleinen
Insel Härön, der alte Fischerort Kyrkesund mit seinen gerade einmal
knapp 100 Einwohnern.
Wir sitzen eine Weile am Ufer und schauen den vorbeiziehenden
Booten zu. Irgendwann fällt uns auf, dass es scheinbar immer wieder
dieselben Boote sind, die da vorbeikommen. Vor Kyrkesund liegt ja noch
die kleine Insel Härön und die tapferen Seeleute umrunden die
vorgelagerte Schäre ein ums andere Mal. Stolz flanieren sie mit ihren
Segelbooten im halbstündlichen Rhythmus durch den Ort. Manchen ist es
sogar zu anstrengend die Segel zu setzen um zumindest den Schein zu
wahren und so fahren die mutigen
Entdecker der Weltmeere mit Hilfsantrieb um das kleine Eiland herum,
zumindest solange wie das Wetter gut ist und das Boot nicht allzu sehr
schaukelt...
Das ist wohl das maritime Äquivalent zum Eisdielen Offroader...
Der Schönheit des Ortes tut dies allerdings keinen Abbruch.
Holzhäuser auf Stelzen stehen halb im Wasser und zwischen ihnen liegen
kleine Boote vertäut. Die meisten Häuser am Ufer sind Ferienwohnungen
und ich kann mir gut vorstellen hier ein paar Tage Urlaub zu machen um
zu entspannen.
Aber
es gibt noch
einige andere Inseln und Orte zu entdecken. So fahren wir anderntags
weiter die
Küste hinauf und nutzen die kostenlosen Fähren um zwischen den Inseln
überzusetzen. Über die Inseln Orust und Skaftlö gelangen wir
schließlich nach
Smögen mit dem gleichnamigen Ort darauf.
Der
kleine Ort mit
seinen bunten Fischerhütten und seinem Yachthafen ist bei Touristen
sehr
beliebt. Restaurants und Souvenirshops wechseln sich ab, an der
kleinen,
schmalen Promenade. An der Küste kann man nett auf gekennzeichneten
Wegen über
die Granitfelsen spazieren und hat von dort einen schönen Blick auf die
ein-und
auslaufenden Schiffe, das muss man einfach smögen ;-)
So tingeln wir langsam die Küste weiter hinauf. Ohne Plan zwar, aber
dennoch mit viel Spaß dabei. Wo es uns gefällt, lassen wir uns nieder
und verbringen die Nacht. Sich hier wohl zu fühlen, fällt uns nicht
schwer. Ein Ort ist schöner wie der Andere...
Mit überqueren des Idefjorden sind wir nun in Norwegen
angelangt. Von der mautpflichtigen Brücke aus hat man einen grandiosen
Ausblick in den Fjord hinein, der nur wenige Kilometer weiter im
Skagerrak mündet.
Fredrikstad ist für uns die letzte Stadt an der Küste, wir
fahren ab hier ostwärts ins Landesinnere. Auf einsamen
Schotter und Sandpisten gelangen wir nach ca. 200 Kilometern über die
grüne Grenze wieder zurück nach Schweden.
Am Foxen See angekommen,
wenden wir uns nach rechts. Nun ist es nicht mehr weit bis zu unserem
nächsten Ziel, Båstnäs.
Mitte der 1950er gründeten die Gebrüder Invarsson in dem
winzigen Ort Båstnäs eine Werkstatt, in der sie Autos reparierten. Im
nahe gelegenen Norwegen war es zu der Zeit noch verboten Fahrzeuge zu
importieren. Ersatzteile jedoch durften eingeführt werden. So zerlegten
die geschäftstüchtigen Brüder in Schweden Autos, brachten sie als
Ersatzteile über die Grenze nach Norwegen und dort wurden daraus dann
wieder legal Autos zusammengebaut.
Die Werkstatt ist schon lange nicht mehr in Betrieb, geblieben
ist jedoch der Autofriedhof mit ungezählten Fahrzeugen aus der Zeit.
Schätzungen gehen von nahezu 1000 Autos aus, die sich bis zur
Einstellung des Betriebes in den 80ern dort angesammelt haben. Ein
Großteil davon steht noch heute auf dem weitläufigen Gelände, verstreut
auf Wiesen und im Wald. Nach und nach holt sich die Natur das Gebiet
zurück und so sind zahlreiche Fahrzeuge mittlerweile in Bäume
eingewachsen und mit Moos überzogen. Der Landy steht geparkt am
Wegesrand, vis-a-vis mit einigen der vielen rostigen Autoleichen. Bei
der Gelegenheit ermahne ich ihn abermals eindringlich, sich nicht noch
einmal einen solch groben Schnitzer, wie auf der Anfahrt zur Fähre, zu
leisten. Als wir den Platz verlassen, meine ich das er noch etwas
schneller angesprungen ist als zuvor... Recht so
Von nun an vermeiden wir, soweit es geht, asphaltierte Straßen
und fahren auf kleinen Nebenstrecken weiter. Scheinbar endlos geht es
auf Sandpisten durch Wälder und an Seen vorbei. Nur selten begegnet uns
ein anderes Fahrzeug. An den Seen stehen vereinzelt Ferienhäuser aber
jetzt, unter der Woche, ist es fast menschenleer. Wo es uns gefällt
machen wir Pause, fotografieren, wandern umher oder bleiben gleich über
Nacht. Ab und an brechen wir auf ohne zu frühstücken. Wir steuern den
nächstgelegenen Einkaufsladen an, um frische Brötchen zu besorgen und
machen dann am nächsten schönen Ort an dem wir vorbeikommen eine
ausgedehnte Frühstückspause. So sitzen wir auf kleinen, von Wasser
umgebenden Felsen oder
auf schaukelnden Bootsanlegern und schütten uns Kaffee oder Kakao,
unterbrochen von belegten Brötchen, in den Wanz. Urlaub kann so schön
sein...
Mittlerweile sind wir in der schwedischen Provinz Dalarna
angelangt. Die hügelige Landschaft ist von der Holzindustrie geprägt.
An den Wegrändern liegt geschlagenes Holz und wartet darauf abgeholt zu
werden. Links und rechts kennzeichnen rote Kreuze an den Bäumen die
zahlreichen Schneemobilwege. Wir wollen weiter, an den Siljan See. Es
ist wieder Wochenende als wir
den See erreichen und viele der Ferienhäuser an Schwedens siebtgrößten
See sind gut besucht. Trotzdem finden wir an einem Ausläufer des Sees
einen sehr schönen Übernachtungsplatz genau am Wasser. Eine kleine
Landzunge ragt in den See und bietet sich geradezu an, um Tisch und
Stühle dort aufzustellen. Schnell liegen auch die Kohlen auf dem Grill
bereit. Lange sitzen wir abends am Ufer und sehen zu, wie die langsam
untergehende Sonne immer wieder durch die Wolken bricht. Ein
farbenprächtiges Schauspiel, welches uns lange gefangen hält. Als wir
später im Landy liegen um zu schlafen, zieht ein starker Wind auf und
die Wellen auf dem See erreichen eine beachtliche Größe, nur um mit
einer noch
beachtlicheren Lautstärke ans Ufer zu klatschen. Ich
bin drauf und
dran aufzustehen, um den Stöpsel aus dem blöden See zu ziehen, damit
wieder
Ruhe ist. Dann können die sehen, wie sie ohne See klarkommen. So geht
man doch
nicht mit Touristen um, schon gar nicht wenn die müde sind ;-)
Bei der Umrundung des Sees, geraten wir in Rättvik in das
alljährlich stattfindende Classic-Car-Meeting. Die Stadt und die
Umgebung sind voll von zumeist amerikanischen Oldtimern und
Muscle-Cars.
Wir parken den Landy und sehen eine Weile bei dem regen Treiben zu.
Zwischen 2 Kreisverkehren cruisen die teilweise sehr liebevoll
restaurierten Autos durch den Ort. Es herrscht Volksfeststimmung, viele
Händler mit Fanartikeln und Fressbuden stehen gegenüber vom Bahnhof in
der Nähe des Brunnens, der zur Feier des Tages neongrünes Wasser in den
Himmel spuckt.
Ein Tramperpärchen steht
mit ihren Rucksäcken am Straßenrand um eine Mitfahrgelegenheit zu
ergattern. Ich frage mich, wie oft sie
schon in
eines der Autos gestiegen ist, nur um sich kurze Zeit später an der
gleiche
Stelle wieder zu finden. Das ist ja so, als würde man versuchen auf dem
Freimarkt als Anhalter bei der Raupe mitzufahren und hoffen irgendwie
voran zu kommen ;-)
Zwischen den Oldtimern sind auch immer wieder mal
Rat-Cars dabei, rostige Wagen die fast auf dem Asphalt schleifen
und dabei ab und zu Funken schlagen, wenn sie bei Unebenheiten
aufsetzen. Nicht wenige Fahrzeuge ziehen
passende Wohnwagen hinter sich her und auch einige Offroader haben sich
eingereiht. Als wir weiterfahren wird auch unser Landy von zahlreichen
Besuchern fotografiert, obwohl er eigentlich so gar nicht in die Reihe
der chromblitzenden Amischlitten passt.
Bei
Mora verlassen
wir den Siljan See wieder, der See war der nördlichste Punkt unserer
Reise. Ab
jetzt geht es wieder Richtung Heimat. Aber nicht direkt, ein paar
Umwege haben
wir schon noch einkalkuliert. Für die folgenden Strecken vermeiden wir
wieder, soweit
wie möglich, große Straßen und bleiben bei Schotter und Sandwegen.
Ein Camp für die Nacht zu finden ist hier nicht schwierig. Es gibt
immer einen geeigneten Platz an einem See oder Fluss.
Schlaglöcher sind gut abgesichert...
Auch Susi macht das fahren auf den kleinen Wegen sichtlich Spaß. So
genieße ich zeitweise die Landschaft vom Beifahrersitz aus, navigiere
oder fotografiere, während Susi mit großer Freude und ebenso großem Schwung die Pfützen auslotet ;-)
Das
wir inzwischen
im Värmland angekommen sind, merkt man zumindest der Landschaft
nicht an.
Allerdings fällt uns auf, dass hier mehr Ferienhäuser an den Seen
stehen
als auf
den Strecken zuvor. Aber noch immer ist so gut wie kein Verkehr auf den
Wegen
die wir nutzen.
Die Bebauung wird dichter, wir haben das Einzugsgebiet
von Karlstad und damit den Värnern See erreicht. Kamen in Dalarna noch
auf je 2 Einwohner genau Null Nachbarn, so sieht es hier schon deutlich
anders aus. An der nordwestlichen Seite von Schwedens größtem See
entlang geht es für uns weiter. Der See ist mit seinen über 5500 Km2
ca. zehn Mal so groß wie der Bodensee. Wir folgen der E45 von Karlstad
aus ein Stück weit, aber schon bald verlassen wir den See wieder. Uns
gefällt es abseits, wo es etwas einsamer ist, besser. So gelangen wir
über kleine Straßen nach Håverud. Der Ort wäre ein Ort wie viele andere
auch in der Umgebung, wäre da nicht der Dalslandkanal, der hier in
Håverud über einen Aquädukt führt. Über die 1868 erbaute Trogbrücke
fließt der Kanal unter einer Eisenbahnbrücke hindurch zur Schleuse und
von dort weiter in den See. Gerade als wir ankommen, fährt ein kleines
Fahrgastschiff über die von 33000 Nieten zusammengehaltene Stahlbrücke
zur Schleuse.
Die Suche nach einem schönen Camp für die Nacht gestaltet sich jetzt
schon
etwas langwieriger, es gibt viele Schranken und Verbotsschilder. Weiter
an die Küste wollen wir nicht, die Strecke sind wir ja auf dem Hinweg
schon gefahren. So wenden wir uns am unteren Ende des Sees nach links,
Richtung Südosten. Einen Abstecher in der Gegend von Växjö wollen wir
noch machen, bevor wir Schweden wieder verlassen. Bei Ryd soll es noch
einen weiteren, kleinen Autofriedhof geben. Wir kommen zügig voran, die
Straßen sind gut ausgebaut aber auch ein bisschen langweilig.
ja, in Schweden gibt
es Haie...
Der Schrottplatz Kyrkö Mosse in Ryd ist mit dem in Båstnäs nicht zu
vergleichen. Åke Danielsson, ursprünglich Torfbauer, betrieb hier bis
in die späten 80er Jahre eine Autoverwertung. Noch heute lagern in
Holzhütten alte Achsen und Getriebe im bewährten Logistikverfahren
Häufchenbildung. Einzelne Blechteile wie Motorhauben oder Türen liegen
verstreut und flachgetrampelt im Wald herum. Die verbliebenen
Autowracks sind komplett ausgeschlachtet und von Vandalismus
gezeichnet. Auch wenn es eine touristische Attraktion in der Gegend
ist, für mich hat es sich nicht gelohnt.
Wir steuern auf Helsingborg zu, um von dort aus mit der Fähre nach
Dänemark überzusetzen. Da die Fähren hier regelmäßig pendeln, dauert es
nicht allzu lange bis wir in Helsingør ankommen. Wir folgen der Küste
nach Gilleleje, einen Kutterhafen an der Nordküste Seelands. Hinter dem
Hafen, genau am Strand neben der Hafenausfahrt gibt es einen
Wohnmobilstellplatz. Obwohl scheinbar so etwas wie ein Hafenfest
stattfindet, steht dort nur ein weiteres Wohnmobil. Im Hafen selbst ist
es ziemlich voll, das Angebot dem von der Reise geschwächten Körper
Kalorien zuzuführen reichlich. Da bleibt der Kocher im Landy heute
kalt.
Am späten Nachmittag treffen immer mehr Oldtimer ein, so dass der Hafen
bald voll ist von schönen alten Autos und Motorrädern.
Es ist Sonntagabend, Besucher und Aussteller zerstreuen sich recht
schnell und der Hafen liegt wieder ruhig und schon fast einsam da,
wären da nicht die Besatzungen der Freizeitboote und die Fischer,
welche sich bereit machen um auszulaufen.
Bei der kleinen Werft stehen einige Boote aufgebockt an Land und geben
ein schönes Motiv ab. Die blaue Stunde ist recht ausgedehnt und so
ziehe ich, bewaffnet mit Kamera und Stativ, durch den Hafen und
fotografiere bis spät in die Nacht hinein.
Über die Große Beltbrücke geht es tags darauf nach Fünen. Wir
durchqueren die Insel und schlagen unser Quartier wiederum in einem
Hafen auf. Auch dieses Mal finden wir einen schönen Stellplatz, genau
an der
Hafenkante des Yachthafens von Faaborg. Der liegt nahe dem kleinen
Gewerbehafen und ist somit zentral gelegen. Und was trifft im Laufe des
Abends ein? Oldtimer… Susi fragt: „sag mal, verfolgen die uns?“ Egal,
es gibt wieder was zu schauen ;-)
Unweit von Faaborg, in Bøyden nehmen wir die Fähre und setzen nach
Fynshav auf Jütland über. Nun ist es nicht mehr weit, bis wir die
Grenze zu Deutschland überqueren. Auch ohne Grenzschilder ist es nicht
zu übersehen, dass wir wieder in der alltäglichen Hektik Deutschlands
angekommen sind. Es wird gedrängelt und geschnitten was das Zeug hält.
Ich träume schon jetzt vom nächsten Urlaub…