kleine
Fluchten aus dem Alltag...
eine kleine Weihnachtstour
Es begab sich am 2. Weihnachtstag. Ich hatte beschlossen meinen, durch
die zurückliegenden Feiertage, mittlerweile etwas aufgeblähten Kadaver
nicht an den Eßtisch zu drapieren und mir weitere Kalorien in die
Rüstung zu stopfen, sondern eine kleine Kanutour zu unternehmen. Die
Pegel der umliegenden Flüsse zeigten allesamt Rekordpegel, viele waren
kaum mehr befahrbar.
Da ich alleine unterwegs sein würde, entschied ich mich für ein kleinen
Abschnitt der Hunte, welchen ich gut kannte. Ich hatte mir ein paar Tage
zuvor die in Frage kommenden Ein- und Aussetzstellen angesehen. Da zeigte sich schon,
dass es nicht mehr möglich war unter den Brücken hindurch zu paddeln.
Der von mir gewählte Abschnitt ist naturbelassen, es gibt keine Deiche
und somit auch keine Helfer, welche durch eine Paddeltour behindert
oder gestört werden könnten.
Da ich nicht genau wußte welche Hindernisse zu den nicht zu paddelnden
Brücken hinzukamen und ob ich das Boot über umgestürtzte Bäume bringen
musste, entschied ich mich für den 15 Fuß American Traders Prospector.
Dieser ist mit seinen knapp 18Kg leicht alleine zu tragen und hat eine
höhere Kippstabilität als meine Soloboote.
Also zwängte ich mich in den Trockenanzug und weitete die
Einstellbänder der Schwimmweste ein wenig, ok, noch ein wenig mehr -
passt.
Ich hatte schon Befürchtungen, dass ich auf ein paar Poolnudeln und
reichlich Panzertape zurückgreifen müßte um meinem runtergewirtschafteten Körper zu mehr
Auftrieb zu verhelfen.
Schon an der Einstiegsstelle in Dötlingen war es nicht mehr möglich den
Parkplatz bzw. die Treppen zur Hunte zu erreichen. Ich begann meine
Tour also als Quereinsteiger gleich hinter der Brücke Ölmühle.
Die sonst eher gemächlich dahinfließende Hunte hatte es dieser Tage deutlich
eiliger zu ihrem Ziel zu gelangen. Aber schon nach wenigen hundert
Metern versiegte die Strömung fast vollständig, da sich der Fluß in
eine breite Seenlandschaft verwandelte.
An manchen Abschnitten hatte ich tatsächlich Mühe den genauen Flußlauf
zu erkennen. Ich hatte keine Lust am Ende eines überschwemmten Teils in
einer Sackgasse zu enden und das Boot deswegen umzutragen oder wieder
zurück paddeln zu müssen. Trotzdem konnte ich an einigen Stellen über
die breiten Wasserflächen paddeln und gelangte immer wieder an den
Flußlauf zurück.
An einigen Stellen konnte man wie durch einen Wald paddeln, fand ich
sehr schön. Ein Weihnachtsspaziergang und ich konnte dabei
sitzenbleiben ;-) genau das Richtige für einen staatlich anerkannten Bewegungslegastheniker wie mich
Nach ein paar Kilometern erreichte ich die Fußgängerbrücke. Auch bei
dieser war es nicht mehr möglich hindurch zu paddeln. Normalerweise
kann diese Brücke locker aufrechtstehend im Canadier passiert werden.
Die Hunte hat im Sommer meist einen Pegel zwischen 285cm bis 320cm.
Heute stand der Pegel bei 640cm. Der höchste Wasserstand bei dem
ich die Hunter
zuvor gepaddelt war, betrug 560cm. Das war doch noch ein
deutlicher Unterschied zu heute und die Überschwemmungsflächen
waren somit auch deutlich ausgedehnter.
In den Abschnitten, wo die umliegende Landschaft die Hunte in ihrem
Bett halten konnte, legte der Fluß wieder deutlich an Geschwindigkeit
zu.
Es ist faszinierend einen Fluß zu paddeln, von dem man gewohnt ist die
ganze Zeit von hohen Ufern umgeben zu sein und plötzlich weit in die
Landschaft schauen zu können. Man sieht Häuser und Gehöfte, welche
ansonsten nicht mal zu erahnen sind.
Dadurch das die Hunte soviel Wasser führte, gab es leider nur noch sehr
wenig Schutz vor Wind, welcher heute in Böen von Stärke 7 aus Nord/Nord
West blies (Das ist natürlich Schicendreck von vorne links gewesen...).
Für mich als notorischen Linkstunker war es zeitweise sehr anstrengend
den angestrebten Kurs einzuhalten und ich mußte häufig auf der
ungeliebten rechten Seite paddeln, was meinen mangelhaften motorischen Fähigkeiten
nicht gerade entgegen kam.
(wußtet ihr eigentlich, dass auf der Couch liegen und Lebkuchen futtern
dem Muskelaufbau gar nicht so zuträglich ist wie ich immer angenommen
hatte?...)
In Westrittrum legte ich eine kurze Pause ein, da die Brücke hier eh
umtragen werden mußte. Die Ein- und Ausstiegstelle war als solche gar
nicht mehr zu erkennen. Ich hatte mich dem Platz sowiso schon über den
Acker kommend genähert. Die Hinweisschilder, welche eigentlich recht
weit oben angebracht sind, standen schon im Wasser. Unter der Brücke
war nur noch wenig Luft und die Hunte drückte sich mit großer Kraft
hindurch.
Jetzt waren es nur noch ca. 6 Kilometer bis zu meiner geplanten
Ausstiegsstelle in Huntlosen. Das Bild aus abwechselnd schnell
fließenden Fluss und fast stehendem Wasser bei Seenlandschaft blieb
erhalten. Auch wenn der Wind leider keine Pause machte, wurde das
Wetter dennoch zunehmend besser. Die blauen Flecken wurden deutlich
größer und die Temperaturen waren angenehm.
Die Sohlgleite in Hundlosen war als solche nicht mehr wahrnehmbar. Ich
bin jedoch schon kurz vorher links auf den Acker abgebogen. Dort konnte
ich bis zur Landstraße, wo mein Fahrzeug stand, durchpaddeln und
brauchte
nicht auf dem halb überschwemmten Schotterparkplatz mit dem Canadier
anlanden. Schnell wurde der Canadier verladen und es ging zurück auf
die heimelige Couch. Den Lebkuchen habe ich nun aber weggelassen - es
war noch genügend Marzipan da... ;-)